Blasmusik in der Liturgie
Verschiedene Aspekte rund um die Gestaltung von kirchlichen Feiern
Die Gründe, warum man sich als Kapellmeister bzw. Kapellmeisterin in Verantwortlichkeit für eine Musikkapelle mit der Auswahl von Musik zur Feier von liturgischen Anlässen befassen könnte oder sollte, sind vielschichtig.
Wir spielen doch mehrere Male im Jahr zu derartigen Gelegenheiten. Trotzdem ist die unmittelbare Nähe zu den Abläufen einer Messe oder anderen kirchlichen Feiern nicht mehr selbstverständlich. Deshalb findet der Schwerpunkt „Sakrale Musik“ des Kapellmeistertages auch in dieser Ausgabe der BiT (Link zum PDF) seinen Niederschlag.
Was könnten Motive für intensive Arbeit an Kirchenmusik sein?
Da ist einmal vielleicht – oder hoffentlich – das Anliegen gegeben, alle Auftritte meiner Musikkapelle so interessant und ansprechend wie möglich zu gestalten und wenig Spielraum für „reine“ Routine zu lassen. So wie wir andere Anlässe vorbereiten, so sollte unser Spiel im liturgischen Kontext ebenfalls die gebührende Aufmerksamkeit erhalten. Zu kirchlichen Anlässen haben wir außerdem andere Menschen zu Gast als bei unseren Konzerten. Können wir sie davon überzeugen, dass wir vielseitig sind und gerne verschiedenste Formen von Musik gestalten? Die Arbeit an „getragenen“ Sätzen, wie eben in sakraler Musik zu finden, bringt der Musikkapelle sehr viel, in der Klangarbeit, Intonationsarbeit, Dynamik usw. Einfache Choräle haben eine starke Wirkung auf das Klangbild der Musikkapelle.
Historisch gesehen …
… sind Bläser schon viele Jahrhunderte an der Kirchenmusik beteiligt. In der Renaissance hat man die menschliche Stimme bereits mit Blasinstrumenten (Posaune, Zink) begleitet. Die enge Mensur der Instrumente hat sie der Stimme enorm nahegebracht, auch kleine Ensembles haben sich hervorragend gemischt. In der Mehrchörigkeit wurden ebenfalls Instrumentalgruppen Chorgruppen gegenübergestellt. Zur Zeit der Klassik bildete sich dann das Bläserensemble, die Harmoniemusik, aus Holz- und Blechbläsern bestehend. Meist sechsstimmig, manchmal auch größer besetzt. Das bedeutete eine neue Form des Musizierens, auch sehr gut für Auftritte im Freien geeignet. Dadurch erhielt auch die Kirchenmusik neue Schöpfungen, sogenannte „Harmonie-Messen“. Gerade in Tirol entstanden im 19. Jahrhundert viele Harmonie-Messen, die Ensembles mit beachtlichen Besetzungen entwickelten. Gänsbachers Harmoniemesse, komponiert für die „Bozner Dilettanten“ 1818, mit Flöte, 4 Klarinetten, 2 Fagotten, Kontrafagott, 2 Hörnern, 2 Trompeten, Posaune und Chor. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Ensembles Blasmusik-typischer (mit Flügelhorn, Bombardino, …). Zu dieser Zeit ist aber immer noch der Chorgesang fester Bestandteil des Werkes.
Literatur: Bearbeitungenoder Originalwerke?
Ein Markstein in der Geschichte originaler sakraler Blasmusik ist wohl das Requiem von Julius Fucik. „Dieses Meisterwerk von Fucik ist eines der ersten für Blasorchester komponierten seiner Gattung. Bis heute ist es das wohl berühmteste, rein instrumentale, Requiem der Musikgeschichte. Fucik komponierte dieses wunderbare Werk von 12. bis 14. September 1898 für Klavier. Nachträglich wurde die Klavierstimme vom Meister persönlich auf eine Direktionsstimme für österreichische Militärmusik umgearbeitet. … Ein möglicher Grund könnte die Ermordung Kaiserin Elisabeths am 10. September 1898 in Genf gewesen sein.“ (Anmerkungen – HP Kliment-Verlag). Das Werk liegt heute in verschiedenen Bearbeitungen und Aufnahmen vor. Die Musikkapelle als Mitgestalterin im liturgischen Raum trat vermutlich erst im 20. Jahrhundert auf, wofür die Bearbeitung von Hans Kliment der Messen von Franz Schubert „Deutsche Messe“ (erstmals erschienen 1927 im Kliment-Verlag/ Wien) und Michael Haydn „Katholisches Hochamt“ (erstmals erschienen 1937, ebenfalls bei Kliment) eine Grundlagedarstellte. Für lange Zeit war das ausreichend. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entstanden mehr und mehr Originalkompositionen für Blasmusik, so auch Kirchenmusik, wie etwa die Cäcilienmesse von Sepp Thaler, die sich der Form nach an die Liedmessen anlehnte, oder sein Requiem für Blasorchester. Bemerkenswert auch die Leonfeldner Messe von Karl Pauspertl (1897–1963), für Blasorchester und Chor, ebenfalls ein sehr frühes Zeugnis der Blasmusik in der Kirche, Gesang ist in diesem Werk ad libitum vorgesehen. Gottfried Veit hat die Reihe dann fortgesetzt (St. Georgsmesse, 1983), sowie auch die zwei Tiroler Landeskapellmeister Florian Pedarnig mit der Herz-Jesu-Messe und Hans Eibl mit seinem Requiem. Bei diesen Kompositionen ist der Gebrauch im Gottesdienst (Kürze, Schwierigkeitsgrad) ein wesentliches Kriterium, wobei nicht alle liturgischen Anforderungen erfüllt sind. Heute haben wir eine Vielzahl von Werken zur Auswahl, von einfacherer Gebrauchsmusik bis hin zu anspruchsvollen Kompositionen für Chor und Blasorchester, unter Verwendung des gesamten lateinischen Messordinariums. Beispiele dafür sind die wunderschönen Messen von Jacob de Haan. Auch das neue geistliche Lied (deutschsprachig) hat Eingang in die Blasmusikliteratur gefunden. Als Beispiel mag die bei Rundel erschienene Sammlung, arrangiert von Kurt Gäble, gelten. Aber es gibt viele Bearbeitungen klassischer Werke, wie etwa Bach-Werke, die schöne Aufgaben für Musikkapellen darstellen. Eine sehr empfehlenswerte neue Möglichkeit sind die Blasmusik-Sätze zum Gotteslob von Thomas Ludescher, vor einiger Zeit erschienen im Abel-Musikverlag, mit interessanten Besetzungsmöglichkeiten.
Abläufe und Musik in der Liturgie
Für die musikalisch Verantwortung Tragenden sollte es Grundregel sein, die Abläufe einer Messfeier zu kennen und mit Musik richtig zu gestalten. Eine Übersicht über die vielfältigen Möglichkeiten gibt Aufschluss und sollte helfen, die richtige Wahl zu treffen. Planung und Vorbereitung sind wichtig. Eine Absprache mit dem Zelebranten oder Pfarrverantwortlichen ist ebenfalls wichtiger Bestandteil der Vorbereitung.
Josef Wetzinger
Interview mit Abt German Erd (Stift Stams)
Musik für die Liturgie - Literatur-Tipps
Messe-Kompositionen:
- Karl Pauspertl: Messe in Es-Dur (Leonfeldner Messe)
- Gottfried Veit: St. Georgsmesse
- Anton Erich Kratz: Schützenmesse
- Missa florum
- Martin Knoller-Messe
- Trompeten-Messe (alle bei: Tirol Musikverlag)
- Florian Pedarnig: Herz-Jesu-Messe
- Jacob de Haan:
- Missa brevis
- Missa Katharina
- The Gospel Mass
- Missa Santa Cecilia
Auftragswerke des BVT (alle bei Tirol Musikverlag)
- Kurt Estermann: Gotteslob-Messe
- Wolfgang Reisinger: Tiroler Fastenmesse
- Josef Wetzinger: Messe
- Josef Wetzinger: Messe für Blasorchester (Tirol Musikverlag, 2013)
- Klaus Strobl: Messe für Blasorchester (www.windmusic.at, 2007)
- Joachim Mayer: Erste Tiroler Bergmesse (Tirol Musikverlag, 2009)
- Stefan Reiter: Bezirksmesse (TSS Musikverlag, 2010)
- Mathias Rauch: Pöhamer Musikantenmesse (Tirol Musikverlag, 2013)
- Michael Geisler: Musikantenmesse (Manuskript, 2014)
- Hermann Pallhuber: Johannes-Messe
Einzelwerke:
- Johann Sebastian Bach „Bist du bei mir“
- Bach „Arioso“ aus Kantate 156
- Bach „Jesus bleibet meine Freude“
- William Henry Monk: „Abide with me“